auto.pub logo
Rolls-Royce Phantom at Tinside Lido

Rolls-Royce Phantom 100: Ein Jahrhundert zwischen Musik und Mythos

Autor auto.pub | Veröffentlicht am: 26.08.2025

Zum hundertjährigen Jubiläum greift Rolls-Royce auf ein bewährtes Mittel zurück: Das Flaggschiff wird mit der Popkultur verknüpft. In der Pressemitteilung heißt es vollmundig, der Phantom sei das „Icon der Ikonen“ und habe die Musikgeschichte vom Jazz bis zum Hip-Hop begleitet, als wäre die noble Limousine stets ein heimlicher Protagonist gewesen. Die Liste der Namen beeindruckt – Marlene Dietrich, Elvis Presley, John Lennon, Liberace, Elton John, 50 Cent – doch die Wahrheit ist schlichter. Der Phantom war selten ein kreatives Werkzeug, fast immer diente er als Statussymbol.

Dennoch sind die Anekdoten unwiderstehlich. Dietrichs grüner Phantom I wurde Teil der Inszenierung des goldenen Hollywood-Zeitalters. Elvis nutzte seinen Wagen als Spiegel für seine Hühner. Lennons psychedelischer Phantom V verwandelte sich in ein Flower-Power-Manifest, das Londons ältere Generation schockierte. Jede Geschichte ist farbenfroh, doch alle unterstreichen denselben Punkt: Der Phantom war wie ein teures Bühnenkostüm – ein Zeichen dafür, dass man es geschafft hatte.

Später wurden die Geschichten immer skurriler. Liberace fuhr in einem mit Spiegelfliesen besetzten Phantom auf die Bühne und wurde so zur rollenden Diskokugel. Elton John kaufte spontan einen Phantom in einem Manchester Autohaus auf dem Weg zu einem Konzert und schenkte einem Bandkollegen einen weiteren, nachdem er für eine Sowjet-Tournee mit Kohle statt Geld bezahlt worden war. Rolls-Royce lebte stets von einer Mischung aus Glamour und Absurdität.

Dann ist da noch der hartnäckige Mythos um Keith Moon, der angeblich seinen Phantom im Hotelpool versenkte. Ob wahr oder nicht, die Geschichte hat sich so fest im kollektiven Gedächtnis verankert, dass die Marke heute augenzwinkernd darauf anspielt – etwa indem sie für eine Jubiläumskampagne ein altes Karosserieteil symbolisch im Pool versenkte.

Heute ist die Erzählung vorhersehbarer. Im Hip-Hop steht Rolls-Royce erneut weltweit als Synonym für Status. Von Snoop Doggs und Pharrells Musikvideos über Lil Waynes Albumcover bis zu 50 Cents TV-Shows: Der Phantom ist weniger Auto als fahrende Werbefläche. Die „Sterne im Dach“ – der Starlight Headliner – sind längst zum eigenen Klischee in Rap-Texten und Videos geworden.

Der Phantom war nie ein revolutionäres Kunstwerk. Er ist vielmehr ein Spiegel, der Erfolg, Exzentrik und Übermaß seiner Besitzer reflektiert. Rolls-Royce spricht gern von „gemeinsamer Ambition, Präsenz zu zeigen“, doch die Geschichte zeigt etwas Bodenständigeres: Der Phantom war immer da, bereit, jede Farbe, Bedeutung oder Legende aufzunehmen, die ihm sein jeweiliger Besitzer verlieh.