
Rivian-Partnerschaft zwingt Volkswagen zur Verschiebung von Flaggschiff-Modellen
Der Volkswagen-Konzern steckt erneut in einer Softwarekrise, die den Start mehrerer wichtiger Modelle verzögert. Laut übereinstimmenden Berichten sind mindestens drei Flaggschiff-Elektroautos direkt betroffen, darunter der kommende Audi Q8 e-tron und der A4 e-tron. Beide Modelle werden sich mindestens um ein Jahr verspäten und voraussichtlich erst Ende 2028 vorgestellt. Porsches Luxus-SUV-Projekt K1, ursprünglich für 2027 geplant, liegt derzeit komplett auf Eis.
Das Problem betrifft jedoch nicht nur einzelne Projekte. Insider berichten von systemischen Schwierigkeiten, die nahezu jede Marke des VW-Konzerns erfassen. Verantwortlich gemacht wird die Software, die im Rahmen des neu gegründeten Joint Ventures Rivian und VW Group Technology LLC entwickelt wird. Diese Partnerschaft entstand erst, nachdem Volkswagens eigene Softwaretochter Cariad an ihren Aufgaben gescheitert war und weitgehend aufgelöst wurde.
Für Rivian war die Vereinbarung von entscheidender Bedeutung. Das amerikanische Elektroauto-Start-up hatte den Marktstart seines günstigeren R2-SUV an die Einführung der gemeinsamen Softwareplattform geknüpft. Volkswagen wiederum plante, die gleiche Architektur für eine breite Palette künftiger Modelle einzusetzen – von reinen Elektrofahrzeugen bis hin zu Verbrennern. Doch die Anpassung eines in den USA entwickelten Systems an die Anforderungen europäischer Fahrzeuge erweist sich als unerwartet schwierig, insbesondere bei Modellen, die nicht rein elektrisch sind.
Erschwerend kommt hinzu, dass mehreren VW-Marken offenbar der vollständige Zugang zu Rivians Entwicklungsprozess fehlt. Das Ergebnis sind Stillstand, interne Konflikte und eine Kette von Terminverschiebungen. Das Management erwägt inzwischen sogar, Cariad wiederzubeleben und parallel zu Rivian einzusetzen – ein Schritt, der bis zu 6,5 Milliarden Euro zusätzliche Kosten verursachen könnte.
Das erste Volkswagen-Modell, das mit der neuen Software laufen soll, bleibt ein bislang unbenanntes Kompakt-Elektroauto, das sich am ID. Every1-Konzept orientiert. Offiziell ist dessen Marktstart weiterhin für 2027 vorgesehen, angesichts der aktuellen Turbulenzen ist dieser Termin jedoch alles andere als sicher.
Unterdessen zeigen sich Volkswagens China-Aktivitäten von der Krise unbeeindruckt. Dort setzt der Konzern gemeinsam mit XPeng Motors auf eine separate CEA-Plattform, die bereits ab kommendem Jahr für Elektro- und Hybridfahrzeuge genutzt werden soll.
So steht der deutsche Autoriese zwischen zwei völlig unterschiedlichen Realitäten: In Europa läuft die Zeit in einem teuren und zähen Software-Stillstand ab, während in China der Fortschritt nach eigenen Regeln voranschreitet. Die entscheidende Frage ist nun, ob Volkswagen diese parallelen Welten zu einer einheitlichen Strategie zusammenführen kann. Bis zum 7. Oktober sollen Entscheidungen fallen. Die Uhr tickt.