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Mazda6e

Mazda6e: Menschliche Überladung mit dem Auto als Nebensache

Autor auto.pub | Veröffentlicht am: 27.06.2025

Der brandneue, vollelektrische Mazda6e, der voraussichtlich im Sommer 2025 in europäischen Showrooms debütiert, verspricht ein „menschenzentriertes“ Erlebnis, das schon das Türöffnen zum Ritual erhebt und jede Tastenberührung als Moment der Achtsamkeit verkauft. Mazda betont, hier entstehe eher eine Beziehung als ein bloßes Fahrzeug. Die Frage bleibt: Wer hat eigentlich um diese Beziehung gebeten?

Das sogenannte Omotenashi-Begrüßungsritual setzt ein, sobald man sich dem Fahrzeug nähert: Spiegel klappen aus, Türgriffe fahren heraus, die Beleuchtung setzt Akzente, der Heckspoiler vollführt eine dezente Bewegung und der Sitz gleitet zurück, um den Einstieg zu erleichtern. Wem das noch nicht inszeniert genug ist, bekommt beim Aussteigen die Choreografie in umgekehrter Reihenfolge geboten. Charmant, sofern man die Muße hat, jede Fahrt wie einen Bühnenauftritt zu beginnen.

Im Innenraum erwartet Sie das Smart Cockpit, in dem sich sämtliche Anzeigen und Bedienelemente exakt auf den Fahrer ausrichten. Das Head-up-Display ist individuell anpassbar und verfügt sogar über einen Schneemodus, der die Farben je nach Wetterlage anpasst. Drei Darstellungsmodi stehen zur Auswahl, was nett ist, aber den Eindruck erweckt, Mazda halte das Betrachten von Bildschirmen für die Hauptaufgabe eines Fahrers.

Die Mittelkonsole beherbergt einen 14,6-Zoll-Touchscreen mit einer Smartphone-ähnlichen Benutzeroberfläche – was könnte intuitiver sein als das Gerät, mit dem wir uns ohnehin täglich auseinandersetzen? Ergänzt wird das Ganze von einem 14-Lautsprecher-Sony-Soundsystem, einschließlich eines Lautsprechers in der Frontstoßstange, der die Lieblingsmusik nach außen trägt.

Sprachsteuerung in neun europäischen Sprachen? Selbstverständlich. Gestenerkennung, falls die Mitfahrer schlafen? Natürlich. Das gesamte Konzept wirkt eher wie eine Bühnenanweisung als wie eine technische Fahrzeugbeschreibung.

Das Navigationssystem berücksichtigt selbstverständlich Ladezeiten und -orte, während sechs spezifische Fahrmodi – vom Car Wash Mode bis zum Private Call Mode – Alltagssituationen auf Knopfdruck in inszenierte Szenen verwandeln.

Doch damit nicht genug: Die dazugehörige App ermöglicht die Steuerung von Fenstern, Innenraumklima, Ladevorgängen und mehr, während Bluetooth-Schlüsselteilung temporären Zugang für Schwiegereltern oder andere Vertrauenspersonen erlaubt – ganz im Sinne einer mobilen Erweiterung der eigenen Marke.

Mazda6e möchte beweisen, dass Technik sich an den Menschen anpassen kann und nicht umgekehrt, was für ein nahtloses und zutiefst menschliches Erlebnis sorgen soll. Doch irgendwann droht all diese durchdachte Inszenierung, sich selbst zu überholen – und vergisst dabei, dass ein Auto manchmal einfach nur ein Auto sein sollte.