












































Wie der Opel Frontera sich neu erfand und warum er Sie überraschen könnte
Wenn ein Automobilhersteller einen Modellnamen aus der Vergangenheit wiederbelebt, entsteht meist ein Retro-Produkt, das nach Marketing klingt und sich wie ein Kompromiss fährt. Doch es gibt Ausnahmen. Manchmal kommt etwas auf die Straße, das mehr ist als nur aufgewärmte Erinnerungen mit bekanntem Emblem. Der Opel Frontera, einst als „Arme-Leute-Range Rover“ bekannt, ist zurück. Aber diesmal ist er nicht der robuste, rahmenbasierte Geländewagen, mit dem Ihr Onkel Anfang der 90er auf Schotterpisten unterwegs war. Nun ist es ein Modell, das sein städtisch geprägter Enkel auf TikTok gerne vorstellen würde.
Der Frontera ist nicht mehr das Bestseller-SUV, das einst auf Europas Charts thronte und im Matsch zu Hause war. Die heutige Version ist ein Stadtmensch in Sneakers und T-Shirt, der das Bergsteigen kennt, aber lieber im Einkaufszentrum einparkt, wo die größte Herausforderung eine enge Parklücke ist.
Von einer „Neuauflage“ zu sprechen, wäre irreführend. Dieser Frontera gleicht einem Film-Remake: gleicher Name, andere Handlung, neues Genre und ein vermutlich anderes Publikum. Die Vorgängergeneration konnte Boote ziehen, bot bequeme Sitze und war berüchtigt dafür, nach kurzer Zeit gestohlen zu werden. Die neue Version wirft eine andere Frage auf: „Teilt er sich die Plattform mit Peugeot?“ Ja, und nicht nur das. Hier treffen französische Technik und deutsches Logo aufeinander, um Familien zu überzeugen – oder zumindest deren Herzen.
Ist das schlecht? Ja und nein. Hartgesottene Offroad-Fans fühlen sich vielleicht, als hätten sie Barbecue bestellt und einen veganen Burger bekommen. Doch für die meisten – und das sind viele – bietet der Frontera fast alles, was man braucht. Er ist geräumig, hat Charakter, und mit Elektroantrieb kann er sich guten Gewissens auf dem Bauernmarkt sehen lassen.
Kurz gesagt: Der Frontera 2025 ist wie ein früherer Rocker, der jetzt Krawatte trägt und Immobilien verkauft – weniger charismatisch, aber vielleicht passender als gedacht. Und er ist wohl kein bevorzugtes Ziel mehr für Autodiebe, aus mehreren Gründen.
Der neue Frontera will auffallen. Er sucht nicht die Zurückhaltung. Zwar ist er weder ein Range Rover noch ein Subaru Outback im Gelände, aber er strahlt Selbstbewusstsein aus, als hätte er gerade ein Moor durchquert – auch wenn er meist in Stadtvierteln unterwegs ist, Kaffee aus dem Mehrwegbecher trinkend.
Die Designsprache folgt Opels „Bold and Pure“-Philosophie: Eine Front so markant wie ein deutscher Boxer, dazu Linien, klar wie skandinavische Möbel. Die Vizor-Front dominiert, die schmalen LED-Scheinwerfer mustern einen förmlich am Parklatz. Im Zentrum prangt das neue, schwarze „Blitz“-Logo – bei GS unchromed, beinahe unsichtbar und ein dezenter Seitenhieb auf Markenprotzerei.
Der vordere Stoßfänger ist trapezförmig – das misst kaum jemand nach, aber es sorgt für einen entschlossenen Auftritt. Schwarze Schutzelemente betonen den SUV-Charakter, Plastikleisten an Radläufen und Schwellern suggerieren Geländefähigkeit, auch wenn tiefer Matsch zu viel wäre.
Seitlich zeigt sich der Frontera eckig und kantig, ein Erbe des Crossland. Seine C-Säule hebt sich optisch ab und schafft eine Silhouette, die aus der Ferne an einen kleinen Land Rover erinnert – zumindest für Optimisten oder bei beschlagenen Brillen. Kraftvolle Sicken auf der Motorhaube wirken, als hätten die Designer Zeit im Fitnessstudio verbracht. Das gerade Dach lässt Raum für eine mögliche dritte Sitzreihe, bleibt dabei kompakt und ordentlich – wie ein gebügeltes Hemd mit Stadtplan in der Brusttasche.
Das Heck ist funktional: Eine große Klappe und L-förmige Rückleuchten verleihen einen zweistöckigen Look, fast wie von Volvo inspiriert, vielleicht aber zu nordisch für Opel. Der Dachspoiler hält sich zurück – wie ein Onkel, der nicht tanzt, aber auf keiner Hochzeit fehlt.
Die GS-Ausstattung hebt das Ganze: Zweifarbige Lackierung, 17-Zoll-Alus, schwarze Details und ein Hauch von Premium. Und dann die Stabantenne. Ja, 2025. Während Kaffeemaschinen WLAN haben, trägt der Frontera eine Antenne, die im ersten Waschgang abbrechen dürfte. Fast alles richtig gemacht – bis auf Socken über den Sneakern.
Innen wirkt der Frontera wie ein funktionales Loft – alles zum Nutzen, nicht nur zum Anschauen. Das ist ein Kompliment. Der Frontera will nicht mehr sein, als er ist: praktisch, durchdacht, zuverlässig – wie ein deutsches Werkzeug. Nicht immer schön, aber stets einsatzbereit.
Auffällig ist das Pure Panel, Opels Doppeldisplay mit zwei 10-Zoll-Bildschirmen (2025!). Das digitale Cockpit liefert klare Infos ohne Spielereien. Der Infotainment-Screen ist fahrerorientiert, zeigt scharfe Grafiken und weiche Animationen. Die Farbcodes für Hybrid-Modi – Weiß für Standard, Blau für Elektro – sorgen für dezente Stimmung ohne Lichtspielereien.
Ein großes Plus: Tasten. Richtige, physische Tasten und Drehregler, keine Glasflächen, die beim Fahren zur Geduldsprobe werden. Die Klimasteuerung hat echte Knöpfe, es gibt Kippschalter am Lenkrad, etwa um die Geschwindigkeitswarnung stummzuschalten. Vernünftige Details.
Die Materialien bestehen überwiegend aus Hartplastik, sind aber sauber verarbeitet und wirken robust – wie ein selbstgebautes Regal, das nicht knarzt. Praktisch: Elastische Bänder an den Becherhaltern und ein Flex-Strap an der Mittelkonsole, um ein Tablet oder eine Brotbox zu sichern. Hier hat jemand mitgedacht.
Die Intelli-Seat-Vordersitze sind auf Langstreckenkomfort ausgelegt, teils mit recyceltem Bezug – passend zur „grün aber nicht billig“-Positionierung. Der Fahrersitz ist höhenverstellbar, der Beifahrersitz leider nicht, was größere Passagiere (>1,85 m) an einen Panzerkommandanten erinnert. Der Mitteltunnel ist niedrig, was die Beine gegen eine harte Kante drückt – wenig bequem. Weiche Oberflächen gibt es fast nur auf den Türarmlehnen, die auch nicht ganz weich sind – drei Stunden später zählt Durchhaltevermögen.
Stauraum ist ausreichend: Türfächer, Handschuhfach, kleine Verstecke. USB-Anschlüsse sind reichlich vorhanden, eine gekühlte, kabellose Ladeschale zeigt Entwicklerherz. Hinten gibt es ausreichend Knie- und Kopffreiheit für Erwachsene, der flache Mitteltunnel macht die Mitte nutzbar. Es gibt Leselampen und Haltegriffe, aber keine separate Lüftung – Sommerfahrten werden so zur milden Sauna.
Der Kofferraum fasst 460 Liter, mit umgeklappten Sitzen bis zu 1.600 Liter – sehr praktisch. Der Ladeboden ist höhenverstellbar und die Ladekante so niedrig, dass auch Oma eine Wassermelone rückenschonend einladen kann.
Opel macht es einfach: Zwei Ausstattungen, Edition und GS. Schon die Edition bietet mehr als man von einer günstigen deutschen Marke erwarten würde: Handyhalter und 10-Zoll-Bildschirm inklusive. GS bringt alles, was man will: CarPlay, Navigation, Klimaautomatik und ein Soundsystem, das sich bemüht.
Es gibt Eigenheiten: Der Zündschlüssel dreht klassisch, wie 2005; nach dem Drehen startet der Motor mit Verzögerung – wie beim Startknopf, nur ohne Knopf. Die Fensterheber: runter per Tipp, hoch nur durch Halten. Einige Schalter wirken wie Überbleibsel aus PSA-Lagerbeständen. Keine Dealbreaker, aber Hinweise auf den Einstiegspreis um 23.000 Euro und nötige Kompromisse.
Wo der alte Frontera mit ruppigem Diesel rauchte, summt der neue mit moderner, leiser und cleverer Technik. Kein Bergbezwinger mehr, sondern ein Stadt-SUV, der technologische Höhen erklimmt und die Umwelt im Blick hat.
Zwei Hybridversionen gibt es, beide mit dem 1,2-Liter-Dreizylinder-Benziner von Stellantis und 48-Volt-Mildhybrid. Anders als klassische Mildhybride sitzt der E-Motor hier im Getriebe und unterstützt aktiv. Die 21 kW klingen wenig, sorgen aber in der Stadt für spürbare Spritzigkeit.
Das Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe schaltet so sanft, dass manche Premiumhersteller neidisch werden könnten. Sowohl der Hybrid 100 als auch der stärkere Hybrid 136/145 nutzen das gleiche System. Wer es bequemer will, nimmt den stärkeren: 145 PS, 0–100 km/h in 9,1 Sekunden – kein Sportler, aber flott für die Klasse. Beeindruckend: Der Hybrid fährt beim Anfahren wie ein E-Auto, in der Stadt oft zur Hälfte elektrisch – und das nicht nur auf dem Papier.
Fahrdynamisch gibt sich der Frontera ehrlich. Das komfortbetonte Fahrwerk bügelt Schlaglöcher gelassen weg – wie ein entspannter Familienvater: ruhig, souverän, würdevoll. In Kurven neigt sich die Karosserie spürbar, aber nie übertrieben. Die Lenkung ist angenehm gewichtet, nicht zu leicht, nicht zu indirekt und bleibt auch in schnellen Kurven neutral – ein Zeichen guter Balance.
Dann ist da noch der elektrische Frontera. Ist der Hybrid wie ein stiller Büroangestellter, wirkt der Stromer wie derselbe nach dem Yogakurs und Hafermilch-Entdeckung. Mit 83 kW (113 PS) braucht er gut 12 Sekunden auf 100 km/h, doch darauf kommt es nicht an. Der Frontera Electric ist für entspannte, emissionsfreie Fortbewegung gedacht. Die Reichweite liegt bei etwa 305 km dank 43,8-kWh-Akku – genug für Stadt und Umland. Eine Version mit größerem Akku (400+ km) folgt. Der E-Frontera rollt ruhig, vibrationsfrei und durch die bodennahe Batterie besonders ausgewogen.
Der Hybrid verbraucht laut Norm 5,2–5,3 l/100 km, real meist um 6 l/100 km – ein guter Wert für ein B-SUV. Auf der Autobahn etwas mehr.
Wer bei „Sicherheit“ und „B-SUV“ an Hartplastik und zwei Airbags denkt, wird überrascht: Der neue Frontera bringt Technik aus höheren Klassen. Schon die Basis bietet Notbremsassistent (erkennt Autos und Fußgänger), Spurhalteassistent mit Lenkeingriff und Müdigkeitserkennung. Tempomat mit Abstandsregelung und Verkehrszeichenerkennung sind Serie.
Die GS-Variante ergänzt: Einparkhilfen vorn und hinten, Toter-Winkel-Warner, Rückfahrkamera, Regen- und Lichtsensoren sowie das volle Assistenzpaket. Hier hat Stellantis nicht gespart.
Es gibt kleinere Schwächen: Kein Kopfstütze hinten Mitte – also besser für Kinder oder Gepäck. Die Rückfahrkamera wirkt pixelig wie eine Digitalkamera von 2000. Aber manches ist genau richtig: 12V-Steckdose im Kofferraum für Kühltasche oder Grill, weit öffnende Türen für Kindersitze.
Der Frontera steht auf bewährter Stellantis-Plattform. Ein Euro-NCAP-Rating steht noch aus, aber die Voraussetzungen für vier bis fünf Sterne sind gegeben: steife Struktur, moderne Entwicklung, aktuelle Elektronik – auch wenn der Fahrer mal abgelenkt ist.
Konkurrenten sind Dacia Duster und Jogger (je rund 5.000 Euro günstiger, aber weniger ausgestattet) und Toyota Yaris Cross (rund 3.000 Euro teurer). Der Frontera bringt eigene Stärken mit: Die Dacia-Robustheit gefällt nicht jedem, das Yaris-Cross-Design polarisiert. Der Frontera dürfte daher seine Nische finden.
Dazu kommt der Citroën C3 Aircross – ein technischer Zwilling. Gleiche Basis, weichere Federung, comicartige Optik und noch günstiger, sofern man mit Benziner lebt. Der Citroën ist wie ein Urlaub im Süden: macht Laune, wenn man’s locker nimmt. Der Frontera ist dagegen für Alltag, Novemberwetter und ernsthafte Fahrer gemacht.
Wer ein vernünftiges, gut gemachtes, erschwingliches Familien-SUV sucht, das weder peinlich noch langweilig ist, findet im Frontera einen Partner mit Krawatte und Sandalen.
Frontera-Highlights:
- Raum und Variabilität: Platz für fünf Erwachsene. Kofferraum (460–1.600 l) setzt Maßstäbe.
- Hybridtechnik: Sparsam und agil. Elektrisch in der Stadt, souverän auf der Autobahn.
- Komfort und Fahrverhalten: Fahrwerk schluckt Unebenheiten besser als teurere Konkurrenz. Lenkung präzise genug.
- Modernes, einfaches Cockpit: Physische Tasten, zwei 10-Zoll-Displays (GS), logischer Aufbau.
- Preis und Ausstattung: Ab 22.900 Euro (Hybrid), ca. 26.390 Euro (Elektro). Mehr Gegenwert als viele Wettbewerber.
- Sicherheit: Schon Basis mit Notbremse, Spurhalten, Müdigkeitserkennung, sechs Airbags. GS mit erweiterten Features.
- Design: „Bold and Pure“ – auffällig, aber nicht übertrieben. Haubensicken und Vizor-Grill geben Charakter.
- Clevere Lösungen: Flex-Strap, elastische Becherhalter, doppelter Kofferraumboden, Smartphone-Infotainment zeigen Liebe zum Detail.
Zu beachten:
- Viel Hartplastik innen: Haltbar, aber Konkurrenten wie Renault Captur bieten angenehmere Materialien.
- Altmodische Details: Zündschloss und Fensterheber erinnern an den günstigen Anspruch.
- Geräusche: Der Dreizylinder wird beim Beschleunigen vernehmbar – nicht störend, aber hörbar.
- Nur Frontantrieb: Für die Stadt passend, aber 4x4-Fans werden enttäuscht.
- Basisversion ohne zentrales Display: Hier wird das Handy zur Zentrale, was nicht jedem zusagt.
Gerade diese Mischung aus Robustheit, Alltagstauglichkeit und Geschmack ist die wahre Stärke des Frontera. Der spanische Name „Frontera“ bedeutet Grenze – und dieser Opel verschiebt sie. Keine Revolution, aber genug, dass es zählt.