

























Pixel-Perfektion: Der Hyundai Ioniq 5 beweist, dass scharfe Kanten für eine sanfte Fahrt sorgen
Elektroautos haben ihren Ruf als langweilig längst abgeschüttelt. Hyundai unterstrich diesen Wandel 2020 mit der Einführung der Ioniq-Marke und setzte sich gleich an die Spitze der Entwicklung. Der Vorreiter: der Ioniq 5. Ein Fahrzeug, das Porsche Taycan-Ladezeiten erschwinglich machte, den Preis halbierte und mit seinem auffälligen Design Aufsehen erregte.
Der Anfang war 2019 mit dem 45 EV Concept, einer Hommage an den Pony der 70er Jahre und die Raumfahrtära. Geradlinige Konturen, kantige Proportionen und vor allem: Pixel – geometrische Lichtcluster, die Hyundai als "parametrische Pixel" bezeichnet.
Das Serienmodell blieb dem Konzept optisch erstaunlich treu. Statt Eigenheiten zu glätten, wurden sie gefeiert. So steht der Ioniq 5 heute wie ein Fahrzeug aus Blade Runner beim Händler – und bietet serienmäßig mehr Technik als so mancher deutsche Premiumwagen mit langer Aufpreisliste.
Mutiges Design beschränkt sich hier nicht auf Scheinwerfer oder Kühlergrill. Die Motorhaube – oder besser: die vordere Abdeckung – erstreckt sich nahtlos wie ein glänzender Keks über die gesamte Wagenbreite. Darunter: Stauraum und Aerodynamik, die Luft elegant um das Fahrzeug leitet.
Das eigentliche Highlight zeigt sich bei eingeschaltetem Licht: Parametrische Pixel – 256 leuchtende Würfel, die an eine Spielkonsole der 80er erinnern. Nicht nur Scheinwerfer, sondern Lichtskulpturen. Die Rückleuchten setzen das Retro-Futuristische fort, als wäre ein Taschenrechner für die Abendveranstaltung aufgemotzt.
Mit fast drei Meter Radstand – mehr als viele Coupés oder Limousinen – und weit außen platzierten Rädern wirkt der Ioniq 5 stattlich. Die Z-förmigen Türlinien durchziehen die Karosserie, bündige Türgriffe fahren auf Wunsch aus. Ihr Handling ist gewöhnungsbedürftig, doch Design hat eben seinen Preis.
Auch hinten dominiert das Pixelthema. Ursprünglich sollte die Heckscheibe ohne Wischer auskommen – doch die Praxis holte Hyundai ein, der Wischer kehrte zurück. Kein Designhöhepunkt, aber praktisch.
Die 19 oder 20 Zoll großen Felgen erinnern an eine Mischung aus Windrad und Raumsonde – ausgefallen und aerodynamisch.
Im Innenraum erwartet die Insassen Lounge-Atmosphäre eines Businessjets, gestaltet von einem Avantgarde-Architekten. Ohne Verbrennungsmotor bleibt der Boden eben, drei Meter Radstand sorgen für viel Beinfreiheit – selbst großgewachsene Passagiere reisen entspannt.
Der Ioniq 5 denkt mit: Die "Universal Island"-Konsole lässt sich verschieben – heute Handy-Ladestation, morgen Fußablage. Nach dem Facelift sind die Bedienungen griffiger: separate Knöpfe für Sitzheizung statt Touchscreen-Tipps. Komfort auf Knopfdruck.
Das Lenkrad ziert ein Morsecode-H für Hyundai – vier Pixelpunkte statt Logo. Die Ausstattung ist durchdacht und hochwertig verarbeitet.
Nachhaltigkeit ist kein Lippenbekenntnis: Recycelte Kunststoffe, Bioplastik aus Zuckerrohr, überall hochwertige Materialien. Herkömmlicher Kunststoff wirkt hier fehl am Platz.
Die "Relaxation Seats" bieten mehr als nur eine Liegefunktion – mit Beinauflage und zurückgeklappter Lehne schwebt man förmlich. Kein Luxusliner, sondern ein Hyundai – aber nicht wie früher. Business-Class-Komfort für die Familie.
Auch hinten wird es luxuriös: elektrisch verstellbare Sitze, viel Platz, bis zu 1.370 Liter Stauraum bei umgeklappten Rücksitzen – genug für den Sommerurlaub.
Zwei 12,3-Zoll-Displays arbeiten nach dem Facelift schneller, kabelloses Apple CarPlay und Android Auto sind Standard. Updates kommen over-the-air, das Bose-Soundsystem überzeugt.
Einparken? Macht der Ioniq 5 selbst. Mit Remote Smart Parking Assist gleitet das Auto autonom in die Lücke – beeindruckend, wenn auch nicht zwingend nötig.
In Europa meist mit 84 kWh-Akku erhältlich, startet die Baureihe mit 63 kWh: 170 PS, 350 Nm, 0–100 km/h in 8,5 Sekunden, 185 km/h Spitze, bis zu 440 km Reichweite.
Mit 84 kWh-Akku und Heckantrieb: 229 PS, 350 Nm, 570 km Reichweite. Allradantrieb bringt 325 PS, 605 Nm, 0–100 km/h in 5 Sekunden – kultiviert und leise schnell.
Für Sportfans gibt es den Ioniq 5 N: 609 PS, 740 Nm, 0–100 km/h in 3,5 Sekunden, 260 km/h Spitze. Klar, der Verbrauch steigt, doch hier zählt der Fahrspaß.
Möglich macht das alles die E-GMP-Plattform mit 800-Volt-Technik. Während viele Wettbewerber bei 400 Volt bleiben, lädt der Ioniq 5 in 18 Minuten von 10 auf 80 Prozent – schneller als ein Snack-Stopp. 300 km Reichweite in 20 Minuten nachladen.
Wintertauglich: Nach dem Facelift kann die Batterie vorgeladen werden – ins Navi die Ladesäule eingeben, und der Akku wärmt sich vor. Auch manuell möglich. Selbst bei Minusgraden bleibt das Schnellladen flott.
Hyundai spart bei keiner Ausstattung: Geringer Verbrauch, serienmäßige Wärmepumpe, mehrstufige Rekuperation – für Ein-Pedal-Fahren in der Stadt. Auf der Autobahn schaltet sich der Frontantrieb zwecks Effizienz ab. Anhängelast: bis zu 1.600 kg mit Bremse.
Laden ist einfach: 11 kW AC, Standardstecker, Plug & Charge, CCS2. Einstecken reicht – sofern die Infrastruktur mitspielt.
Im Mittelpunkt steht stets der Fahrer.
Fahrwerk: Der Ioniq 5 meistert schlechte Straßen souverän. Selbst im Sportmodus bleibt der Komfort erhalten.
Der Radstand sorgt für Spurtreue auf der Autobahn, ohne ständiges Nachjustieren – auch im ADAC-Test. Die Lenkung ist leicht, aber präzise, besonders mit Allradantrieb.
In Kurven liegt der Ioniq 5 stabil. Der tiefe Schwerpunkt und breite Reifen halten die Seitenneigung gering. Bei provozierter Fahrweise zeigt sich Heckantriebs-Charakter, aber dank Elektronik bleibt alles kontrolliert. Auch im Elchtest bleibt der Hyundai ruhig und sicher.
Die Geräuschkulisse ist niedrig: Windgeräusche tauchen erst bei hohen Geschwindigkeiten auf, die Reifen sind leise. Der Motor bleibt im Hintergrund, es sei denn, man aktiviert die künstlichen Sounds.
Die Beschleunigung ist kultiviert, die Leistung stets abrufbar. Das Bremsen vereint Rekuperation und klassische Bremsen nahtlos. Die Rekuperation lässt sich anpassen oder dem Auto überlassen – für entspanntes Fahren im Stadtverkehr.
Der Heckantrieb sorgt für sicheren Start, auch bei Nässe. Bei Bedarf greifen Traktionskontrolle oder Allrad ein. Wer will, kann kurz den Hecktriebler spielen – mit reduziertem ESP.
Fünf Sterne im Euro NCAP: Vorbildlicher Insassen- und Fußgängerschutz, viele elektronische Helfer. Sieben Airbags, darunter ein zentraler – bislang nur in Oberklassefahrzeugen üblich.
Das SmartSense-System umfasst Notbremsassistenten, die Fußgänger, Radfahrer und auch größere Tiere erkennen. Die Version 2.0 bremst auch bei Abbiegevorgängen. Totwinkelassistent zeigt beim Blinken ein Kamerabild – mehr Übersicht, weniger Überraschungen.
RCCA und PCA helfen beim Parken vorne und hinten; kreuzt ein Roller, bremst das Auto von selbst. Versucht ein Kind hinten auszusteigen, bleibt die Tür bei Annäherung von außen verriegelt.
Spurhalteassistenten greifen sanft ein, führen das Fahrzeug zurück in die Spur. LFA hält den Wagen zentriert, HDA2 übernimmt auf Wunsch sogar das Überholen auf der Autobahn.
Matrix-LED-Scheinwerfer leuchten die Fahrbahn aus, ohne Gegenverkehr zu blenden. Dazu: 360-Grad-Kamera, eCall, Verkehrszeichenerkennung, Fernlichtassistent und zahlreiche Sensoren.
Welches Elektroauto hat im letzten Jahrzehnt am meisten beeindruckt? Der Ioniq 5 ist ein Kandidat – vielfach ausgezeichnet und technisch auf Augenhöhe mit Spitzengeräten aus Deutschland. Doch auch er ist nicht makellos.
Worauf es ankommt:
Design: Der Ioniq 5 sieht aus wie ein Sci-Fi-Auto der 80er vor dem eigenen Haus. Die Ecken polarisieren – aber niemand bleibt gleichgültig.
Innenraum: Geräumig und klug, mit hochwertigen Materialien, die teurer wirken als sie sind.
Technik und Laden: In 18 Minuten von 10 auf 80 Prozent – kaum genug Zeit für einen Imbiss. Die große Batterie reicht fast 500 km. Gadgets oder Grill am Picknick? Kein Problem.
Fahrerlebnis: Das Fahrwerk ist solide, die Lenkung direkt, das Handling vorhersehbar, das Fahrgefühl komfortabel und ruhig – egal ob gemütlich oder sportlich.
Sicherheit: Sieben Airbags, Elektronik auf Topniveau, SmartSense als digitaler Copilot.
Und die kleinen Schwächen:
Infotainment-Distanz: Die Bildschirme sind wegen des großzügigen Innenraums etwas weit entfernt.
Software und Navigation: Die Navigation plant Ladevorgänge oft zu vorsichtig, Updates bringen Besserung, aber andere sind hier weiter.
Menüs und Bedienung: Viele Funktionen für Technikfans, aber für Einsteiger etwas unübersichtlich. Manche Einstellungen, wie die Batterie-Vorkonditionierung, sind tief im Menü versteckt.
Türgriffe: Modern im Look, aber ungewohnt im Gebrauch.
Akustische Warnungen: Das Auto meldet sich sehr häufig – ständiges Piepen ist schwer komplett abzuschalten.
Der Ioniq 5 ist nicht perfekt, aber charmant: mutig, innovativ, praktisch und im Alltag unkompliziert. Die kleinen Makel sind Eigenheiten, keine Fehler. Wer den Ioniq 5 fährt, könnte feststellen: Das ist das Elektroauto, das selbst Skeptiker überzeugt.