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Mercedes-Benz E-Class

Ist dies die letzte echte E-Klasse? Mercedes zieht alle Register

Author: auto.pub | Published on: 07.07.2025

Die E-Klasse ist für Mercedes-Benz weit mehr als nur ein Automodell. Sie ist eine Institution – das goldene Mittelmaß deutscher Ingenieurskunst, vergleichbar mit einer bayerischen Bierhalle oder einer Schweizer Uhr: stets ihrer Zeit voraus, niemals Spielball kurzlebiger Trends. Seit dem legendären W120 von 1953 schlägt das Herz der Marke im Takt der E-Klasse. Nicht das Gehirn oder die Muskeln, sondern der konstante Puls, der den Namen Mercedes am Leben hält. Wer die E-Klasse als bloßes Bindeglied zwischen C- und S-Klasse abtut, verkennt ihre Bedeutung – das wäre, als würde man Beethoven auf ein paar beliebige Symphonien reduzieren. Hier zeigt Mercedes, was Luxus bedeutet, wenn er auch alltagstauglich sein muss. Die E-Klasse ist ein Fünf-Sterne-Hotel, in dem man die Wäsche waschen oder die Großmutter zum Ausflug mitnehmen kann — geschaffen für jedermann, ohne Kompromisse. Die E-Klasse-Ära, seit 1993 offiziell mit dem W124 benannt, setzte Maßstäbe. Während andere Premiummarken noch rätselten, wie man eine Geschäftslimousine auf die Räder stellt, lieferte Mercedes einfach ab – so elegant, dass Audi 100 und BMW 5er wie schlecht angezogene Operngäste wirkten. Im ersten Jahr gingen 240.000 Exemplare über den Ladentisch. Doch die E-Klasse war nie auf Effekthascherei aus. Sie setzt Standards in Sachen Stil und Eleganz. Sie ist eine kleine S-Klasse für Menschen, die in der Geige das kompakte Cello sehen – eigentlich ist sie der jüngere, zielstrebigere und fleißigere Bruder der S-Klasse, der das Fest organisiert, statt nur dabei zu sein. Jetzt scheint das Ende einer Ära gekommen. Die Generation W214 ist mehr als ein neues Modell, sie markiert den Abschied von einem Kapitel. Wahrscheinlich ist sie die letzte E-Klasse mit kräftigem Verbrenner, bevor die EQE-Modelle und eine sterile Zukunft anklopfen. Der letzte samtgefütterte Panzer, mit dem man sonntags die Großtante besuchen kann, aber dessen Front mit mehr Kameras und Sensoren bestückt ist als ein durchschnittlicher Satellit. Fun Fact: Die E-Klasse war einst der König der Taxis. In Berlin oder Wien war fast jedes Taxi ein Mercedes. Diese Zeiten sind vorbei. Wo einst jeder Tourist am Flughafen in eine E-Klasse steigen konnte, muss man heute schon Beziehungen haben – oder sie selbst kaufen. Für Mercedes-Benz ist die E-Klasse stets mehr als nur ein Auto gewesen. Sie ist Kulturgut, Statussymbol und Werkzeug zugleich – wie ein Schweizer Taschenmesser mit Ledergriff und einer Klinge, die Vorurteile zerschneidet. Die E-Klasse bleibt ihrer klassischen Dreibox-Silhouette treu und hebt sich von coupéhaften Limousinen und wuchtigen SUVs ab wie ein Gentleman im Smoking, mit Taschenuhr, deren Mechanik digitale Uhren zum Weinen bringt. Der verlängerte Radstand (2,96 Meter) und die fast fünf Meter lange Karosserie verleihen ihr die Ausstrahlung eines Gutsherrn, der dem Butler einen freien Tag gönnt. Die Front ist klassisch, aber nicht konservativ. Der Kühlergrill wird von einem großen Emblem gekrönt und von unzähligen kleinen Sternmotiven umgeben. Zum Glück bleibt Mercedes beim Design zurückhaltend – kein Bling-Bling, sondern stilvolle Verarbeitung. Die Powerdomes auf der Motorhaube sind mehr als bloße Rundungen – sie erinnern an markante Augenbrauen und deuten auf Kraftreserven hin, die zwar vorhanden, aber nicht aufdringlich sind. Der AMG Line-Frontstoßfänger mit großen Lufteinlässen sorgt für Sportlichkeit, doch die Seitenlinie ist pure Kunst: Als hätte ein Designer einen perfekten Strich gezogen und beschlossen, nichts mehr zu verändern. Je nach Ausstattung betonen Chrom oder schwarze Fensterleisten entweder Eleganz oder Understatement. Die Scheinwerfer wirken wie Augen, die nichts entgeht: schmal, scharf, mit LED-Tagfahrlicht in Augenbrauenform – eine Prise „Leg dich nicht mit mir an“. Am Heck spielen LED-Rückleuchten mit Sternmuster ein kleines Feuerwerk ab. Eine feine Chromleiste verbindet die Leuchten und streckt das Heck optisch – fast wähnt man sich in einer S-Klasse. Mercedes bleibt beim gewohnten Design, wie bei einem klassischen Whiskeyglas, das nicht jedes Jahr neu gestaltet wird. Es signalisiert Beständigkeit, wirkt aber modern genug, um gegen den neuen BMW 5er oder die Präzision von Audi zu bestehen. Innen verstummen selbst erfahrene Autojournalisten – nicht aus Sprachlosigkeit, sondern weil das Interieur für sich spricht. Hier sucht man keine Knöpfe, muss sich nicht mit billigem Plastik abfinden – man genießt schlichtweg die Details. Alles fühlt sich sanft, aber nicht schwammig an: wie ein handgefertigter Chesterfield-Sessel, in Aerodynamik gepresst und auf Räder montiert. Das Leder ist seidig, Schalter klicken wie Laborinstrumente, das Armaturenbrett leuchtet fast ehrfürchtig. Panoramabildschirme dominieren: 12,3 Zoll digital fürs Cockpit, 14,4 Zoll Touchscreen in der Mittelkonsole, gestochen scharf. Mit dem optionalen MBUX Superscreen erhält auch der Beifahrer ein eigenes Display. Schaut der Fahrer zu oft hinüber, wird das Bild aus Sicherheitsgründen automatisch unscharf. Doch echte Materialien brechen die digitale Dominanz: Echtholz zieht sich über das Armaturenbrett, metallische Schalter fühlen sich wertig an. Selbst die Luftdüsen sind wie kleine Kronjuwelen gestaltet. Die Vordersitze massieren, wärmen und stützen intuitiv. Hinten finden auch Basketballspieler genügend Platz. Der Kofferraum schluckt Golfbags wie Wochenendgepäck. Natürlich ist nicht alles Gold: Sonnenblenden, Blinkerhebel oder das Handschuhfach erinnern daran, dass auch Mercedes auf das Budget achten muss. Aber – hat je ein Sternerestaurant für sein Toilettenpapier Bestnoten bekommen? Das MBUX-System ist inzwischen intelligenter als so mancher Hochschulabsolvent. Die Bildschirme reagieren schnell, Menüs sind logisch. Selbst Großeltern können die Klimaanlage bedienen, ohne zu verzweifeln. Mercedes hat erkannt, dass Temperaturregler nicht hinter sieben Untermenüs versteckt werden müssen. Es gibt nur noch wenige physische Tasten, vielleicht zu wenige für manche. Die Touchpads am Lenkrad sorgen weiter für Diskussionen – das haptische Feedback polarisiert. Hier möchte niemand versehentlich nach Mexiko navigieren, statt die Lautstärke zu regeln. Immerhin gibt es eine gut funktionierende Sprachsteuerung: einfach sprechen, und das Auto reagiert – sofern es versteht. Die E-Klasse lernt sogar die Gewohnheiten ihrer Nutzer: Nachrichten am Montag, Jazz am Freitag. Sie spielt Musik im Rhythmus des Pulses, aktiviert bei Stress eine Massage. Mehr Wellness-Lounge als Limousine – ideal für Morgenmuffel. Die Ambientebeleuchtung bietet 64 Farben und pulsiert wie eine Berliner Club-Lounge. Erkennt die Apple Watch Stress, reagiert das Auto mit beruhigendem Duft. Ja, Mercedes beduftet den Innenraum, wenn nötig. Die neue Motorenpalette ist komplett elektrifiziert. Selbst der konservative Diesel erhält Mildhybridtechnik. Der E 220 d mit 2,0-Liter-Vierzylinder leistet 197 PS, liefert 440 Nm Drehmoment und wird per 48-Volt-Startergenerator um 17 PS geboostet. 0-100 km/h in 7,5 Sekunden, fast 240 km/h Spitze, Verbrauch um die 5 Liter – besser als mancher Hybrid, alles butterweich serviert. Noch mehr bietet der E 450 d 4Matic: Sechszylinder, 367 PS, über 700 Nm, Allrad, 0-100 km/h in 5 Sekunden, Verbrauch 6 Liter. Die Benziner starten mit dem E 200 (204 PS, Turbo, Mildhybrid), leise und sparsam im Stadtverkehr. Der E 450 4Matic mit 3,0-Liter-Reihensechszylinder und 381 PS ist ein Muster an Laufkultur und Kraftentfaltung – 0-100 in 5 Sekunden, souverän wie ein Opernstar. Die Plug-in-Hybride E 300 e und E 400 e 4Matic kombinieren 2,0-Liter-Benziner mit starkem E-Motor, bieten 313 bzw. 380 PS und rund 100 Kilometer elektrische Reichweite. Laden mit bis zu 50 kW ist möglich. Allerdings wiegen sie rund 300 Kilogramm mehr, was man spürt. Der E 400 e beschleunigt in 5,3 Sekunden auf 100 km/h, wirkt dabei eher geschmeidig als explosiv. Wer Dynamik sucht, bleibt beim Sechszylinder. Alle Modelle verfügen über die 9-Gang-Automatik, die dezent und schnell schaltet – wie der beste Kellner im Restaurant, der immer zur Stelle ist. Der E 220 d 4Matic überzeugt mit Allrad, der sich jeder Straße anpasst, und mit Reichweite von 1.000 km pro Tankfüllung ohne Abstriche beim Komfort. Doch es ist die letzte E-Klasse mit so vielfältigen Antrieben – das Elektrozeitalter steht vor der Tür. Wer sich jetzt entscheidet, wählt ein Stück Geschichte. Im Alltag zeigt sich, ob ein Auto nur blendet oder echte Ingenieurskunst bietet. Die neue E-Klasse fährt nicht einfach, sie gleitet. Selbst auf schlechten Straßen absorbiert sie Unebenheiten wie ein Gentleman, der eine Beleidigung ignoriert – sanft und souverän. Serienmäßig gibt es adaptive Dämpfer, die ohne Schnickschnack arbeiten – wie ein gut geschnittener Anzug, der überall passt. 19-Zoll-Räder mögen Schlaglöcher nicht, mit 17 Zoll schwebt die Limousine fast. Das Optimum bringt die Luftfederung (Airmatic), die das Fahrgefühl auf ein neues Niveau hebt. Mit Hinterachslenkung wendet das Auto fast wie ein E-Scooter, trotz fünf Meter Länge. Auf der Autobahn spielt die E-Klasse ihre Stärken aus: Die Lenkung bleibt präzise und ruhig, Wind- und Abrollgeräusche sind minimal. Bei Tempo 130 herrscht mit 64 dB eine fast flüsterleise Atmosphäre – perfekt für Geschäftsgespräche oder Entspannung. Ergonomische Sitze mit Massagefunktion machen auch lange Strecken angenehm. Das Head-up-Display projiziert alle wichtigen Infos direkt ins Sichtfeld. Die E-Klasse will keine Nürburgring-Rekorde brechen, zeigt im Sportmodus aber spürbare Straffung von Lenkung und Fahrwerk. Trotz ihres Gewichts wirkt sie nie schwerfällig. Die Lenkung ist präzise, 4Matic-Allrad sorgt für Sicherheit und Traktion wie ein Zug auf Gleisen. Euro NCAP kürte die E-Klasse 2024 zum sichersten Auto Europas. Die Limousine ist nicht nur elegant und leise, sondern auch ein Inbegriff von Sicherheit. Bis zu neun Airbags, eine Karosserie aus hochfestem Stahl und Aluminium sowie das Pre-Safe-System, das bei drohendem Unfall Gurte strafft, Fenster schließt und „Weißes Rauschen“ ins Ohr sendet. Entscheidend ist aber die Unfallvermeidung: Notbremsassistent, Totwinkelwarner, Querverkehrserkennung und E-Scooter-Notbremsung sind Serie. Die Top-Technikoptionen wie das Fahrerassistenz-Paket Plus übernehmen auf der Autobahn fast das Fahren: Abstand halten, Kurven folgen, Überholen unterstützen und Ausfahrten erkennen – laut ADAC funktioniert das reibungslos. Digitale Lichtsysteme projizieren Warnsymbole auf die Straße und passen den Lichtkegel an. Rundumkameras, automatisches Parken, Radfahrer-Erkennung und Car-to-X-Kommunikation runden das Angebot ab. Die meisten Systeme sind aufpreispflichtig, was die E-Klasse so smart wie teuer macht. Wichtige Stärken der E-Klasse: Komfort: Sie gleitet wie eine Luxusyacht – Luftfederung und Sitze sorgen für Entspannung. Moderne Technik: Das neue MBUX-System arbeitet intuitiv, Sprach- und Touchsteuerung ergänzen sich logisch. Sicherheit: Euro NCAP „Best in Class“, mit Sensoren, Kameras und Algorithmen, die schneller reagieren als der Fahrer. Auswahl und Individualisierung: Drei Ausstattungslinien (Avantgarde, Exclusive, AMG Line) und zahlreiche Pakete ermöglichen persönliche Konfiguration. Effizienz: E 220 d und Plug-in-Hybride glänzen mit Reichweite und Sparsamkeit – der Diesel schafft 1.000 km, die Hybride 100 km elektrisch. Kritische Punkte: Touch-Bedienung am Lenkrad: Die Touchpads sind gewöhnungsbedürftig und reagieren manchmal zu empfindlich – klassische Tasten wären wünschenswert. Materialqualität: Nicht alles ist Premium – Sonnenblenden, Handschuhfach und Hebel wirken einfach. Preis: Der Einstiegspreis ist hoch, voll ausgestattete Modelle kosten schnell sechsstellig. Ob Funktionen wie TikTok oder Sitz-Bass notwendig sind, bleibt Geschmackssache – Mercedes bietet sie an, zwingt aber niemanden. Sportlichkeit ist gemäßigt: Die E-Klasse kann schnell, will aber kein Sportwagen sein. Am Ende bleibt sie ein Erlebnis, das Fahrer schätzen, Familien vertrauen und Konkurrenten beneiden.