Wolfrace Sonic: Sechs Räder, zwei V8 und viel Wahnsinn
Auf den ersten Blick wirkt der Wolfrace Sonic wie eine übermütige Skizze, die versehentlich zum Leben erwacht ist. Doch dieses sechsrädrige, doppelt V8-befeuerte Kuriosum von 1981 steht wieder im Rampenlicht, denn das einzig erhaltene Exemplar sucht einen neuen Besitzer. Der Preis liegt zwischen 105.000 und 157.000 Dollar, also etwa 97.000 bis 145.000 Euro – fast schon bescheiden für ein derart exotisches Einzelstück. Die Geschichte lässt sich mit einem Satz zusammenfassen: ein sechsrädriger Supersportwagen.
Wolfrace brauchte Anfang der Achtziger einen echten Paukenschlag in Sachen Öffentlichkeitsarbeit. Die Firma hatte eine neue Alufelgen-Serie im Programm und wollte die Aufmerksamkeit der Szene auf sich ziehen. Die Lösung kam aus einer unerwarteten Ecke: Nick Butler, in Großbritannien als Custom-Builder bestens bekannt, wurde engagiert. Er entwarf einen futuristischen Keil mit flacher, scharfer Karosserie, als hätte er ihn direkt aus einem Science-Fiction-Fundus entnommen, und baute das Ganze auf ein Chassis, das Teile von Jaguar und Triumph verbarg. Das Resultat trug denselben Namen wie die Felge, die beworben werden sollte: Sonic.
Beim Antrieb kannte Butler keine Zurückhaltung. Zwei Rover-V8 mit jeweils 3,5 Litern Hubraum und rund 200 PS pro Stück wurden verbaut. Zusammen ergab das einen Allradantrieb, denn jeder Motor trieb eine eigene Achse an. Wie die beiden Aggregate zur Zusammenarbeit überredet wurden, bleibt höflich verschwiegen. Im Cockpit türmte sich ein Instrumentenfeld, das eher an ein Hightech-Labor als an eine Werbeaktion erinnerte – was dem Publikum den Eindruck vermittelte, der Sonic sei das Ergebnis nächtlicher Ingenieurskunst und nicht bloß ein Marketing-Gag.
Der Sonic blieb nicht auf Messen stehen. Er erhielt eine vollständige Straßenzulassung im Vereinigten Königreich und sammelte echte Kilometer auf echten Straßen.
In den Neunzigern wechselte der Sonic in Privatbesitz. Zeitweise wurde er sogar für fast eine Million Pfund angeboten. Danach verschwand das Auto jahrelang von der Bildfläche und taucht erst jetzt wieder auf – allerdings in deutlich mitgenommenem Zustand.
Der aktuelle Besitzer erwarb den Sonic in schlechtem Zustand und startete eine ehrgeizige Restaurierung. Über 100.000 Pfund, also rund 118.000 Euro, flossen in die Wiederbelebung von Karosserie, Motoren und Innenraum. Der Fortschritt war beachtlich, bis das Leben wie üblich dazwischenfunkte. Der Besitzer schätzt, dass etwa 80 Prozent der Arbeit erledigt sind, kann das Projekt aber nicht mehr vollenden. Nun soll der Sonic bei einer Auktion von Historic Auctioneers einen neuen Liebhaber finden, der dieses skurrile Supercar zu altem Glanz zurückführt.
Sein erneutes Auftauchen ist ein Stück Achtzigerjahre-Irrsinn, als Hersteller noch mit immer schrägeren Ideen um Aufmerksamkeit buhlten. In einer Zeit, in der elektrische Supersportwagen den Ton angeben, wirkt das Konzept, zwei V8 in ein Auto zu schrauben, wie eine Botschaft aus einer anderen Epoche. Doch gerade dieses seltene Sechsrad-Monster zeigt, wie weit Unternehmen damals für einen Werbeeffekt gingen. Der Sonic will heute nicht mit moderner Technik konkurrieren. Er bietet einen nostalgischen Blick zurück in eine Ära, in der mutige Ideen noch abheben durften, bevor eine Excel-Tabelle sie als unvernünftig abstempelte.