Metrosert bringt Europas erstes mobiles Labor für autonome Fahrzeuge
Das estnische nationale Metrologie- und Forschungszentrum Metrosert hebt die Erprobung autonomer Fahrzeuge auf ein neues Niveau. Am 11. November stellt das Unternehmen Europas erstes mobiles Prüflabor vor, das dorthin fährt, wo Entwicklerteams arbeiten oder Fahrzeuge tatsächlich eingesetzt werden. Die mobile Anlage macht Tests günstiger und ermöglicht es auch kleineren Entwicklern, in einem bislang von Großkonzernen dominierten Bereich mitzumischen.
Taaniel Tigas, Leiter für autonome Fahrzeuge bei Metrosert, betont, dass man Testmöglichkeiten gezielt für kleine und mittlere Unternehmen zugänglich machen will. In klassischen, stationären Laboren war diese Art von Tests bislang meist den großen Playern vorbehalten. Das neue mobile Labor unterstützt die Exportambitionen estnischer Tech-Firmen und fördert zugleich eine sicherere Verkehrskultur.
Tests dort, wo die Straßen wirklich sind
Im Gegensatz zu festen Einrichtungen ist das Labor von Metrosert nicht an eine einzige Teststrecke gebunden. Die Prüfungen finden in realen Umgebungen statt – auf öffentlichen Straßen, an Entwicklungsstandorten oder während der Produktvalidierung. Diese Flexibilität beschleunigt den Prozess und senkt die Kosten im Vergleich zu herkömmlichen Methoden deutlich.
Das Interesse aus dem Ausland ist bereits groß. Mehrere Fahrzeug- und Komponentenhersteller haben sich gemeldet, angelockt von Estlands flexiblen Vorschriften, geringer Bürokratie und den vielfältigen Testbedingungen. Vier ausgeprägte Jahreszeiten, unterschiedliche Straßenbeläge und wechselhaftes Wetter bieten ideale Voraussetzungen für Fahrzeuge, die in Nordeuropa bestehen sollen.
900.000 Euro Investition, neuer Qualitätsmaßstab
Das mobile Labor ist eine Anfangsinvestition von rund 900.000 Euro. Es kann Verkehrssituationen präzise simulieren und wiederholen – etwa einen Fußgänger, der auf die Straße tritt, ein abrupt bremsendes Auto oder ein Tier, das die Fahrbahn kreuzt.
Das System nutzt Roboterträger des österreichischen Herstellers 4activeSystems, die mit bis zu 100 km/h auf ebenen Flächen fahren. Sie transportieren Dummys, die alles nachbilden: Kinder, Radfahrer, E-Scooter, Wildtiere, Motorradfahrer und sogar ganze Fahrzeuge.
Jedes Szenario lässt sich unter identischen Bedingungen beliebig oft wiederholen, bis das Auto die geforderten Sicherheitsstandards erfüllt. Die Messergebnisse fließen direkt an die estnische Verkehrsbehörde, die entscheidet, ob ein Fahrzeug für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassen wird.
Estlands autonome Ambitionen
Mit dem mobilen Labor positioniert sich Estland als nordeuropäisches Zentrum für Tests und Sicherheitsstandards autonomer Fahrzeuge. Bislang dominierten geschlossene Testzentren großer Hersteller in Deutschland und Schweden das Feld. Metroserts Ansatz macht fortschrittliche Tests auch für kleinere Innovatoren zugänglich – ganz im Sinne der agilen, kooperativen Tech-Kultur Estlands.
Estland baut vielleicht nicht die größten Autos, aber womöglich den Ort, an dem diese Autos das Denken lernen.