Japanische Autobauer kehren China den Rücken
Toyota, Honda und Suzuki verlagern Investitionen in Milliardenhöhe von China nach Indien. Noch vor wenigen Jahren galt China als unangefochtenes Zentrum der Automobilwelt. Nun rückt Indien ins Rampenlicht und verspricht Wachstum statt Risiko.
Wie LiveMint berichtet, planen die drei größten japanischen Autobauer, mehr als 11 Milliarden Dollar (rund 10,2 Milliarden Euro) in Indien zu investieren. Damit wird das Land zu einer der wichtigsten Produktions- und Exportbasen der Konzerne. Toyota und Honda wollen ihre lokalen Werke ausbauen und die Kapazitäten erhöhen, während Suzuki die Produktion in Indien von 2,5 auf 4 Millionen Fahrzeuge steigern will. Ein erheblicher Teil dieser Autos ist für den Export bestimmt – Indien entwickelt sich rasant zum globalen Montagezentrum.
Laut Economic Times will Toyota die Produktion in Indien auf eine Million Fahrzeuge pro Jahr hochfahren und bis Ende des Jahrzehnts rund 15 neue oder überarbeitete Modelle einführen. Honda geht noch weiter und plant ein Zentrum für Elektrofahrzeuge, das künftig Märkte weltweit beliefern soll.
Mehrere Faktoren treiben diese strategische Abkehr von China voran. Der chinesische Markt ist zunehmend schwierig: Aggressive Preiskämpfe unter einheimischen Marken und wachsender politischer Druck auf ausländische Unternehmen drücken die Gewinne an den Rand der Rentabilität. Reuters spricht von einem "übersättigten Markt, in dem der Preiskampf zum Überlebenskampf geworden ist".
Indien bietet inzwischen, was China nicht mehr kann: eine offene Wirtschaft, weniger politische Hürden und großzügige staatliche Investitionsanreize. Die Hindustan Times meldet, dass japanische Investitionen im indischen Transportsektor zwischen 2021 und 2024 um das Siebenfache gestiegen sind, während sie in China im gleichen Zeitraum um 83 Prozent eingebrochen sind. Ein kompletter Kurswechsel: Vor fünf Jahren floss das meiste japanische Kapital noch nach China, heute zieht es Delhi und Gujarat an.
Toyota betreibt bereits zwei große Werke in Indien und pflegt eine enge Partnerschaft mit Suzukis indischer Tochter Maruti Suzuki. Diese Allianz ermöglicht es, Plattformen und Lieferketten zu teilen, Risiken zu streuen und Modellwechsel zu beschleunigen. Reuters berichtet, dass Toyota sein Zulieferernetz und das Elektrifizierungsprogramm ausbauen will, um das nationale Ziel zu unterstützen, bis 2030 dreißig Prozent aller Neuwagen elektrisch anzutreiben.
Suzuki, ohnehin Marktführer in Indien, festigt seine Position weiter. Im August bestätigte das Unternehmen eine Investition von 8 Milliarden Dollar (7,4 Milliarden Euro) in ein neues Werk, das die ersten Elektromodelle montieren wird.
Honda hat zwar keine konkrete Summe genannt, aber gegenüber Reuters erklärt, dass Indien zum neuen globalen Zentrum für Entwicklung und Produktion von Elektroautos werden soll. Der Standort wird sowohl den heimischen Markt als auch Exportmärkte in Asien, Europa und Teilen der USA beliefern. Damit sieht Honda Indien nicht nur als Absatzmarkt, sondern als strategische Plattform für das kommende Jahrzehnt der Elektrifizierung.
Während China mit Überkapazitäten und einem gnadenlosen Preiskrieg kämpft, wittern Japans Autobauer in Indien neue Chancen. Niedrigere Lohnkosten, ein rasant wachsender Binnenmarkt und ein investorenfreundliches Steuersystem erinnern an Chinas Boomjahre der 2000er.
Indien etabliert sich als drittes globales Fertigungsstandbein neben den USA und China, allerdings mit weniger Druck und mehr Offenheit. Anders als die Konkurrenz will Indien nicht diktieren, sondern anziehen. Für Japans Hersteller ist das eine seltene strategische Atempause – eine Gelegenheit, Produktion und Gewinne abzusichern, während die Elektro-Revolution ihren Takt sucht.