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Jaguar Type 00

Jaguar feuert Designchef nach Type 00-Eklat

Autor auto.pub | Veröffentlicht am: 03.12.2025

Jaguar Land Rover hat einen abrupten und aufschlussreichen Kurswechsel vollzogen. Gerry McGovern, der das Design britischer Luxus-Geländewagen über zwei Jahrzehnte prägte, wurde entlassen – just als sein provokantestes Werk, der Jaguar Type 00, ins Rampenlicht rückte. Einen Tag leitete er noch die Designabteilung, am nächsten musste er seinen Schreibtisch räumen. Der Type 00, als Manifest für Jaguars elektrische Zukunft gedacht, markierte den Wendepunkt. McGoverns Rauswurf brachte lang schwelende Spannungen ans Licht.

Wie Autocar berichtet, wurde McGovern an einem Tag vor die Tür gesetzt, an dem er offiziell noch das Sagen hatte. Eine Begründung blieb aus, das Unternehmen schwieg. Insider bei JLR sprechen von einer schnellen, streng gesteuerten Entscheidung unter Pathamadai Balachandran Balaji, der erst wenige Wochen zuvor zum CEO ernannt wurde. Mit 32 Jahren Tata-Erfahrung im Gepäck ließ Balajis Ankunft bereits erahnen, dass kreative Freiheiten künftig weniger gefragt sein würden.

McGovern prägte 21 Jahre lang Ikonen wie den Range Rover und den gefeierten Defender. Doch ausgerechnet sein gewagtester Wurf, der Type 00, scheint das Vertrauen stärker strapaziert zu haben als alle vorherigen Experimente.

Jaguar präsentierte den Type 00 Ende letzten Jahres im Rahmen einer umfassenden Neuausrichtung. Slogans wie "copy nothing" und "delete ordinary" kündigten einen radikalen Sprung in die elektrische Luxuswelt an. Das Konzept: ein lang gestrecktes Fastback, Heckscheibe durch Kameras ersetzt, Flügeltüren. Im Innenraum Messing-Elemente und schwebende Sitze – alles sollte handwerkliche, futuristische Ruhe ausstrahlen. Ein Signal des Selbstbewusstseins, das für viele Jaguar-Fans eher wie ein Abschied von der eigenen Tradition wirkte.

Auto Express und The Guardian sprachen von einem der schmerzhaftesten Rückschläge der Marke seit Jahren. Treue Anhänger fanden das Design fremd, Kritiker nannten es einen Marketing-Fehlschuss. Business Insider hob hervor, dass die Neupositionierung bereits für Verwirrung sorgte, weil Jaguar eine neue Identität präsentierte, ohne ein einziges neues Auto zu zeigen. Der Type 00 füllte diese Lücke kurzzeitig, verschärfte aber die Gräben.

Wenige Tage später mischte sich sogar Ex-US-Präsident Donald Trump via Social Media ein und sorgte für eine Kontroverse, die weit über die Automobilwelt hinausreichte.

JLRs neuer CEO setzt klar andere Akzente als seine Vorgänger. Finanzielle Disziplin rückt in den Vordergrund, die Lust auf riskante Designs schwindet. Mehrere Insider berichten, dass Tata in Indien zunehmend unruhig auf den Type 00 blickte und Jaguar auf sichereres Terrain zurückführen wollte.

Jaguar steht vor dem Abschied von der klassischen Modellpalette und plant eine ultra-luxuriöse Elektro-Ära. Exotische Design-Experimente, die das Markenbild verwässern könnten, sind dabei nicht mehr gefragt. McGoverns Abgang ist das unmissverständliche Signal: Künftig zählt Strategie, nicht Instinkt.

Die Weggabelung, an der Jaguar steht, spiegelt einen breiteren Konflikt in der Luxusauto-Branche. Mercedes und BMW elektrifizieren vorsichtig und bleiben optisch auf vertrautem Boden. Jaguar versuchte die Revolution und musste erkennen, dass das kulturelle Kapital dafür (noch) nicht reicht. McGoverns Entlassung zeigt: Im Elektrozeitalter gibt nicht mehr künstlerischer Mut, sondern kontrollierte Strategie die Richtung vor. Wie Jaguar künftig auftritt, bleibt spannend – und ein wenig beunruhigend.